2005 Kantonale Steuern 367
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78 Gewinnungskosten; Kinderbetreuungskosten (§ 35 Abs. 1 lit. d StG; § 36 Abs. 2 lit. e StG; § 16 StGV). - Die notwendigen Kinderbetreuungskosten sind auch abzugsfähig, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere Elternteil arbeitslos ist, weil die Betreuung der Kinder zur Sicherung der Vermittlungsfä- higkeit organisiert sein muss.
2005 Steuerrekursgericht 368
14. Dezember 2005 in Sachen V. + C.K., RV.2005.50040/K 0041
Aus den Erwägungen
2. a) Der Rekurrent war ab dem 1. Juli 2002 und, abgesehen
von sechs Tagen im Juni, während des ganzen Jahres 2003 arbeitslos.
Er erhielt eine Arbeitslosenentschädigung von total Fr. 39'844.-aus-
bezahlt. Die Rekurrentin war im Jahr 2003 als Lehrerin tätig.
Während der Zeit, in der beide Rekurrenten erwerbstätig waren,
wurde der Sohn C. (Jahrgang 1996) durch den Kinderhort I. betreut.
Auch nachdem der Rekurrent arbeitslos geworden war, wurde der
Vertrag mit dem Kinderhort nicht aufgelöst und C. wurde an 85 Ta-
gen durch den Kinderhort betreut. Für die übrigen 124 Tage, an de-
nen C. angemeldet war, wurde er wieder abgemeldet. Diese Tage
wurden zum halben Tarif verrechnet.
b) Die Rekurrenten machen geltend, eine arbeitslos gewordene
Person müsse aufgrund des Bundesgesetzes über die obligatorische
Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG)
vom 25. Juni 1982 jederzeit in der Lage sein, eine zumutbare Arbeit
anzunehmen. Werde eine zugewiesene Arbeit mit der Begründung
der Obhutspflicht nicht angenommen, erfolge die Verfügung von
Sperrtagen. Es bestehe somit ein Zusammenhang zwischen dem Er-
satzeinkommen und der Kinderbetreuung.
c) Das KStA ist der Ansicht, vom Rekurrenten sei nie die Ab-
gabe einer Obhutserklärung verlangt worden und er sei daher auch
nicht verpflichtet gewesen, eine Betreuung für die Kinder zu
organisieren. Zudem komme die Verpflichtung des AVIG, dass die
Kinderbetreuung organisiert sein muss, erst zum Tragen, wenn der
Arbeitslose eine Stelle aufgrund der Obhutspflicht nicht annimmt
und sich somit nicht vermitteln lässt. Es bestehe somit kein Zusam-
menhang zwischen den Arbeitslosentaggeldern und der Kinderbe-
treuung.
3. (Voraussetzungen für den Abzug der berufsbedingten Mehr-
kosten für die Drittbetreuung von Kindern: vgl. AGVE 2003 S. 338).
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4. a) Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG hat der Versicherte An-
spruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn er vermittlungsfähig ist
(und zudem sechs weitere Voraussetzungen erfüllt). Der Arbeitslose
ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist,
eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnah-
men teilzunehmen (Art. 15 Abs. 1 AVIG [Fassung vom 22. März
2002]). Dazu gehört, dass die arbeitslose Person die Kinderbetreuung
geregelt hat. Wohl ist dies den Eltern zu überlassen, und es ist von
den zuständigen Behörden nicht bereits im Zeitpunkt des Einreichens
des Entschädigungsgesuches das Vorhandensein eines Kinderhüte-
platzes zu prüfen. Wenn jedoch die arbeitslose Person eine zumut-
bare Arbeit mit Hinweis auf die Betreuung der Kinder ablehnt, ist die
Vermittlungsfähigkeit zu prüfen. Fehlt diese, entfällt der Anspruch
auf Arbeitslosenentschädigung (vgl. BGE vom 20. Juli 2005 in Sa-
chen J. [C 88/05]).
b) Wie die Rekurrenten korrekt ausführen, ist somit die Kinder-
betreuung durch eine arbeitslose Person zu regeln, unabhängig da-
von, ob die zuständige Behörde eine entsprechende Bestätigung (sog.
Obhutserklärung) von ihr verlangt nicht. Der Hinweis des
KStA, die Verpflichtung des Art. 15 Abs. 1 AVIG, eine Kinderbetreu-
ung zu organisieren, komme erst zum Tragen, wenn eine angebotene
Stelle nicht angenommen werde, vermag nicht zu überzeugen. Es ist
offensichtlich, dass die Kinderbetreuung geregelt sein muss, um eben
eine angebotene Stelle nicht zurückweisen zu müssen.
c) Gemäss § 34 StG werden von den gesamten steuerbaren Ein-
künften die Aufwendungen und allgemeinen Abzüge nach den §§ 35-
40 abgezogen. Die Aufzählung der Gewinnungskosten ist indes nicht
abschliessend geregelt, wie sich aus Art. 9 Abs. 1 StHG ergibt, wo-
nach von den gesamten Einkünften die zu ihrer Erzielung notwendi-
gen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge abgerechnet wer-
den. Wenn die notwendigen Kinderbetreuungskosten gemäss der ge-
setzlichen Regelung in den §§ 35 und 36 StG Gewinnungskosten für
das Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Erwerbs-
tätigkeit sind, müssen sie aufgrund der Verpflichtung durch Art. 15
Abs. 1 AVIG ebenso als Gewinnungskosten für die Arbeitslosenent-
schädigung anerkannt werden.
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Es drängt sich ein Vergleich mit dem Doppelverdienerabzug ge-
mäss § 40 lit. h StG auf. Dabei werden Taggelder aus
Arbeitslosenversicherung dem Erwerbseinkommen gleich gestellt
(vgl. Kreisschreiben Nr. 13 ,,Abzug bei Erwerbstätigkeit beider Ehe-
gatten" der eidgenössischen Steuerverwaltung vom 28. Juli 1994). Es
erscheint daher sachgerecht, auch beim Abzug der Kinderbetreuungs-
kosten die Arbeitslosenentschädigung dem Erwerbseinkommen
gleichzustellen. Diese Auslegung steht auch nicht in Widerspruch zur
Regelung der Notwendigkeit der Drittbetreuung gemäss § 16 Abs. 2
StGV, da diese insbesondere bei Erwerbstätigkeit einer allein erzie-
henden Person gleichzeitiger Erwerbstätigkeit beider Elternteile
gegeben ist. Die Aufzählung ist mithin nicht abschliessend und es
sind andere Fälle denkbar. Damit sind die notwendigen Kinderbe-
treuungskosten auch abzugsfähig, wenn ein Elternteil erwerbstätig ist
und der andere arbeitslose Elternteil zur Sicherung der Vermitt-
lungsfähigkeit eine Betreuung der Kinder organisiert haben muss
(vgl. Basellandschaftliche und Baselstädtische Steuerpraxis [BStPra]
XV S. 295).
5. a) Es stellt sich im weiteren die Frage, welche Kosten
notwendig sind.
b) Der Kinderhort I. ist die einzige Betreuungseinrichtung in
der Wohngemeinde und den umliegenden, kleineren Gemeinden
(Esther Elsener Konezciny, ,,Familienund schulergänzende Kinder-
betreuung", Aarau 2003, S. 20). Nach telefonischer Auskunft werden
das Betreuungspensum und die Betreuungszeiten vorgängig verein-
bart. Ein Wechsel ist mit der Leitung abzusprechen. Dabei ist eine
Erhöhung des Betreuungspensums nur bei entsprechenden Kapazitä-
ten möglich. Die Warteliste des Kinderhorts I. ist lang, was auch vom
KStA bestätigt wird, der von einer Wartezeit von einem Jahr ausgeht.
c) Das KStA ist der Ansicht, es gebe Kinderhorte mit kürzeren
Wartezeiten und die Betreuung könne auch mit Verwandten Be-
kannten organisiert werden.
d) Die Art der Kinderbetreuung kann der steuerpflichtigen Per-
son nicht vorgeschrieben werden. So kann ein Abzug der Kinder-
betreuungskosten für einen Kinderhort nicht mit dem Hinweis, die
Betreuung hätte durch die Mutter der steuerpflichtigen Person günsti-
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ger organisiert werden können, gekürzt gestrichen werden.
Ebenso wenig kann von einer arbeitslosen Person verlangt werden,
den Platz im Kinderhort aufzugeben und für die Zeit zwischen dem
Antritt einer neuen Stelle und einem frei werdenden Platz im Kinder-
hort die Kinderbetreuung durch Verwandte, Bekannte weit ent-
fernt liegende Kinderhorte zu regeln. Dies gilt umso mehr, als die ar-
beitslose Person allenfalls schon nach kurzer Zeit wieder eine neue
Stelle findet. Auch eine Reduktion des Betreuungspensums auf das
Minimum bei Beginn der Arbeitslosigkeit ist nicht möglich, da eine
spätere Erhöhung bei Antritt einer neuen Stelle nicht gewährleistet
ist.
Dagegen ist nicht erforderlich, dass das Kind tatsächlich in den
Kinderhort gegeben wird, da die Betreuung durch die arbeitslose Per-
son zumutbar und möglich ist (a.M. BStPra XV S. 295). Somit sind
nur die Kosten notwendig, die anfallen, wenn das Kind für die ange-
meldeten Tage wieder abgemeldet wird.
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